Gewalt in der Partnerschaft
„Was du nicht willst, dass man dir tue, das füge auch keinen anderen zu“
Die Goldene Regel soll das Leben eines jeden Einzelnen und auch das Leben in einer Gemeinschaft erleichtern. Sie ist der Grundgedanke für die Nächstenliebe und steht für das Gebot des christlichen Zusammlebens. Diese Leitlinie ist das Kriterium für unser moralisches Handeln. Der Hauptgedanke hinter der goldenen Regel ist, dass man mit anderen so umgehen sollte, wie man es auch selbst gerne hätte.
Was wir im ersten Moment als so einfach verstehen und für uns selbstverständlich ist, gilt leider nicht immer. Besonders dann nicht, wenn wir über das Thema der Partnerschaftsgewalt nachdenken. Die Nächstenliebe hört für viele Menschen nach dem Schließen der eigenen Haustür auf. Studierende der Hochschule Rhein Main haben es sich im Rahmen eines Forschungsprojektes zur Aufgabe gemacht, Menschen über das Problem der Gewalt in Paarbeziehungen älterer Menschen im ländlichen Raum aufzuklären und Hilfeangebote für die Betroffenen aufzuzeigen. Die Polizeistatistik aus dem Jahr 2017 zur Partnerschaftsgewalt zeigt zwar, dass ältere Menschen ab 60 Jahren im Vergleich zu den jüngeren Leuten weniger von Gewalt betroffen sind, es wird allerdings von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen.
Gründe dafür sind, dass ein höheres Alter immer an gewissen gesellschaftlichen Vorstellungen gebunden ist. Mit dem Alter kommen die Weisheit und die Vernunft. Es wird klar, dass die anderen Altersklassen Erwartungshaltungen an ältere Personen haben. Besonders schwierig wird es, wenn man das Gefühl hat diesen Erwartungshaltungen nicht gerecht zu werden. Die Hürden sich einzugestehen, dass etwas anders läuft als "normal" ist dadurch besonders hoch und erst recht fällt es schwer sich einer anderen Person anzuvertrauen.
Zwar hat sich das Bewusstsein in der Gesellschaft darüber verstärkt, dass häusliche Gewalt keine Privatangelegenheit ist, doch gelten ältere im ländlichen Raum lebende Menschen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, oft als ungesehen.
Die Scham vor der Gewaltbetroffenheit lässt einen offenen Umgang nicht zu. Die Gemeinschaft im ländlichen Räumen setzt sich zumeist aus festen sozialen Strukturen zusammen. Die Angst der Betroffenen einen schlechten Ruf zu bekommen, wenn sie über Leid sprechen und aus der Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden, ist hoch. Auf der anderen Seite steht der Schutz der Täter, der oft nicht beabsichtigt ist. Schließlich möchte man niemanden etwas unterstellen, schon gar nicht dem Nachbarn, mit dem seit 20 Jahren Tür an Tür gelebt wird.
Gewalt kann viele Gesichter haben. Sie kann körperlich, aber auch emotional, daher psychisch angetan werden. Stellen wir uns also die Frage wo Gewalt für uns anfängt?
Erteilt der Partner beispielsweise Verbote über etwas, dass der andere unterlassen soll oder äußert ausfallende und abwertende Kommentare über die eigene Person und deren "Schwächen", so können wir davon ausgehen, dass diese Erniedrigungen der Seele schaden. Verletzungen, die nicht sichtbar, aber da sind. Neben seelischer Gewalt gibt es auch die ökonomische Gewalt, wie zum Beispiel das Kontrollieren von finanziellen Mitteln oder das Verbot/den Zwang arbeiten zu gehen. Soziale Gewalt bedeutet z.B. die Kontakte des Partners zu überwachen oder gar einzuschränken.
Sich Hilfe zu holen bei Gewaltbetroffenheit bedeutet nicht zwangsläufig, sich trennen zu müssen. Es bedeutet aber der Gewalt ein Ende zu setzen.
Im Sinne der Goldenen Regel bedeutet Nächstenliebe, das Vertrauen anderer nicht zu missbrauchen und im Gegenzug selbst seinen Nächten Vertrauen zu schenken.
Sind Sie betroffen von Gewalt, bitte nutzen Sie folgende Hilfeangebote und Beratungsstellen:
- Frauennotruf Mainz e.V. (Fachstelle zum Thema sexualisierte Gewalt): 06131-221213 (oder Onlineberatung)
- Frauenhäuser: Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ hilft bundesweit geeignete Hilfen zu finden. (Erreichbar unter: 08000116016, oder online-Beratung: www.hilfetelefon.de)
- Beratung und Intervention bei häuslicher Gewalt: Caritaszentrum Bad Schwalbach, Reitallee 6, 65307 Bad Schwalbach (+49 6124 729229)